Kleiderkauf

Die Macht der Verbraucher beim Kleiderkauf

Die Textil- und Bekleidungsbranche ist stark von der Globalisierung geprägt. Der Herstellungsprozess verteilt sich dabei weltweit auf diejenigen Standorte mit den günstigsten Produktionsbedingungen. Durch die über verschiedene Länder verteilte Produktion entstehen sehr komplexe und unübersichtliche Lieferantennetzwerke.

Doch ist es heutzutage kein Geheimnis mehr, dass viele bekannte Markenhersteller Kleidung in Entwicklungs- und Schwellenländern produzieren lassen, in denen Menschen für Dumpinglöhne bei fehlenden Sicherheits- und Umweltauflagen arbeiten.

Dort stellen die Modeunternehmen ihre Kollektionen schnell und billig nach den neuesten Trends her, so dass Kleidung in Deutschland immer mehr zur Wegwerfware verkommen ist. Kritiker, wie die Umweltschutzorganisation Greenpeace bezeichnen diese Entwicklung als “Fast Fashion”.

Das Ergebnis ist ein Desaster für Mensch und Umwelt: ausgebeutete Arbeiter*innen, eingestürzte Textilfabriken, giftige Chemikalien in Gewässern und Kleidung.

Wie sich Produktionsbedingungen verbessern lassen und wie du fair produzierte Bekleidung erkennen kannst, erfährst du hier.

Inhalt

Wegwerfware Kleidung im Fast Fashion Zeitalter

Wegwerfware

Wegwerfware

Die heute im deutschen Handel erhältliche Bekleidung wird größtenteils aus Ländern wie China, Bangladesch, Indien oder der Türkei importiert. Die Kollektionen der Fast Fashion Marken , wie H&M oder Zara, Aldi oder Lidl werden rasant schnell produziert und zu niedrigsten Preisen verkauft. Laut einer repräsentativen Umfrage von Greenpeace, tragen viele Menschen Kleidung nur kurz oder nie und sortieren diese anschließend schnell aus. Kleidung wird demnach für viele immer mehr zur austauschbaren Wegwerfware, trotz der vielen wertvollen Ressourcen, die in ihr stecken. Zudem kommt hinzu, dass die viele Kleidungsstücke wegen ihres hohen Anteils an billigen Synthetikfasern – vorrangig Polyester – nicht recycelbar sind.

Schwerwiegende Folgen für Mensch und Umwelt

Menschenunwürdige Arbeitsbedingungen

Der Preis wird am anderen Ende der Welt bezahlt. Die Fabrikbetreiber in Asien sind oft aggressiven Einkaufspraktiken des internationalen Groß- und Einzelhandels ausgesetzt. Preiskonkurrenz und kaum Verhandlungsspielräume über Preise und Lieferfristen verstärken die Probleme.

Näherinnen in einer Kleiderfabrik

Näherinnen in einer Kleiderfabrik

Dies bekommen vor allem die Arbeiter*innen zu spüren, die massiven Arbeitsrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Unbezahlte Überstunden und ein extrem hoher Zeit- und Leistungsdruck gehören zum Alltag. Oftmals wird an sieben Tagen gearbeitet, Krankheits- oder Urlaubsgeld wird nicht gezahlt. Verstöße gegen gesetzliche Regelungen werden selten verfolgt und bleiben ohne Konsequenzen. Viele Arbeiter*innen werden nach Stückzahl entlohnt und arbeiten im Akkord. Dabei reichen die Löhne häufig nicht aus, um sich selbst, geschweige denn die eigene Familie zu ernähren, die Miete zu zahlen, für Bildungskosten der Kinder aufzukommen oder eine ärztliche Versorgung zu sichern.

Zudem müssen Arbeiter*innen oft ohne Schutzkleidung mit Substanzen arbeiten, die ihre Gesundheit gefährden. So kann beispielsweise die Bearbeitung von Jeans mit Sandstrahlen, die dadurch den modischen “Used Look” erhalten, eine lebensbedrohliche Lungenkrankheit Silikose auslösen.

Schwere Unfälle in Textilfabriken

Schwere Unfälle in Textilfabriken

Schwere Unfälle, weil Sicherheitsstandards ignoriert werden

Viele der Textilfabriken sind marode und baufällig. Häufig werden Sicherheitsstandards von den jeweiligen Regierungen und Auftraggebern, die dort ihre Kleidung produzieren lassen, ignoriert. So kam es in den vergangenen Jahren schon mehrfach zu Katastrophen, über die in den Medien kaum berichtet wurde.

Das mediale Interesse nahm erst zu, als im Jahr 2013 die Fabrik Rana Plaza in Bangladesch einstürzte, ein neunstöckiges Gebäude, in dem viele westliche Textilkonzerne produzieren ließen, darunter waren u.a. Benetton, Primark, KiK, C&A, Adler, das Zara- und Mango Mutterunternehmen Inditex, NKD und Walmart. Mehr als 1.100 Menschen kamen dabei ums Leben, mehr als 2.000 wurden verletzt. Eine Untersuchung ergab, dass beim Bau minderwertige Materialien eingesetzt wurden und dass mehrere Geschosse ohne Genehmigung errichtet worden waren. Ein Entschädigungsfonds wurde eingerichtet, der von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verwaltet wird. Mehr als 5.700 Opfer und Hinterbliebene haben bereits Entschädigungszahlungen erhalten.

Textilindustrie zerstört die Umwelt

Auch ökologisch gesehen, hat das Fast Fashion-Geschäftsmodell und der rasant angestiegene Kleiderkonsum katastrophale Folgen. Laut Greenpeace ist die extrem wachsende Textilindustrie zum zweitgrößten Wasserverbraucher und Wasserverschmutzer geworden. Für die Produktion einer einzigen Jeans werden rund 7.000 Liter Wasser verbraucht. Bei der Weiterverarbeitung der Rohmaterialien kommen rund 3500 krebserregende, hormonell wirksame oder anderweitig toxische Chemikalien zum Einsatz.

In vielen Textilfabriken werden Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht berücksichtigt. Viele der Giftstoffe werden oft ungeklärt abgeleitet und reichern sich in Flüssen, Meeren, im Boden und in Pflanzen an. Die gefährlichen Chemikalien gelangen nicht nur bei der Herstellung in die Natur, sondern auch beim Waschen zu Hause, da sie in Klärwerken nicht abgebaut werden können. Einige Substanzen gelangen ins menschliche Gewebe oder ins Blut und können so krebserregend und hormonell wirksam sein oder andere schwerwiegende Krankheiten auslösen.

Bemühungen zur Verbesserung

Verschiedene Nichtregierungsorganisationen und Initiativen bemühen sich darum auf Probleme aufmerksam zu machen und die Produktionsbedingungen in der Textilindustrie zu verbessern.

Seit 2011 fordert beispielsweise Greenpeace mit seiner “DETOX”-Kampagne Hersteller auf, schädliche Substanzen durch umweltfreundliche Alternativen zu ersetzen. Über 80 Modemarken haben sich bereits auf Druck von Greenpeace verpflichtet, bis zum Jahr 2020 keine Schadstoffe mehr zu verwenden.

Ein weiteres Beispiel ist das weltweite Netzwerk “Clean Clothes Campaign(CCC)”– ein Zusammenschluss aus über 200 Menschenrechtsorganisationen, Frauenrechtsorganisationen, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und Verbraucher*innenverbänden, der sich im Rahmen der „Kampagne für saubere Kleidung“ für bessere Arbeitsbedingungen und faire Löhne einsetzt.

Viele Ansätze zielen darauf, verbindliche Standards zum Schutz der Umwelt und der Beschäftigten zu etablieren, um auf diese Weise die Bedingungen entlang der gesamten Produktionskette – von der Rohfaser bis zum Fertigprodukt – zu verbessern.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) plant ein erstes von staatlicher Seite kontrolliertes Produktionssiegel für fair produzierte Kleidung, den sogenannten “Grüne Knopf”. Die freiwillige Produktzertifizierung und -kennzeichnung sei jedoch aus Sicht des Netzwerks „Kampagne für saubere Kleidung,“ nicht der richtige Ansatz, um nachhaltige und strukturelle Verbesserungen entlang der globalen Lieferkette zu erreichen. Es erfordere gesetzliche Regelungen für die Wahrnehmung von Sorgfaltspflichten durch Hersteller. Freiwillige Regulierungsformen wie der „Grüne Knopf“ können diesen gesetzlichen Rahmen lediglich ergänzen, jedoch nicht ersetzen. So wird die Verantwortung wieder an die Verbraucher*innen abgegeben, statt klare gesetzliche Regeln für Unternehmen zu etablieren.

Entscheidung für nachhaltigen Konsum

Wer Kleidung kauft, trägt Mitverantwortung für die Produktionsbedingungen und kann durch bewusste Kaufentscheidungen einen eigenen Beitrag leisten. Es gibt bereits eine zunehmende Zahl an Herstellern, die sich auf ökologische und fair gehandelte Kleidung spezialisiert haben. Nachhaltige Bio Mode findest du in unserem Onlineshop.

Entsprechende Textil-Siegel, wie die von GOTS (Global Organic Textile Standard) und vom IVN (Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft) zum Beispiel bieten hier Orientierung. Sie stehen weitestgehend für die Einhaltung ökologischer und sozialer Standards.

Mehr Information zu den verschiedenen Siegeln gibt es auf der Webseite: https://www.siegelklarheit.de/produktgruppen/textilien/.

Darüberhinaus liegt es nahe, den eigenen Konsum zu überdenken. Wie oft braucht man tatsächlich neue Kleidung? Laut Greenpeace hat jeder Kleidungsstücke im Kleiderschrank, die nie getragen werden und fordert von Fast wieder auf Slow Fashion umzustellen, um das Problem bei der Wurzel anzupacken. Der einfachste Schritt ist, hochwertige und langlebige Kleidung länger zu tragen. Die Verlängerung der Lebensdauer von einem auf zwei Jahre soll laut Greenpeace die CO2-Emissionen um 24 Prozent reduzieren. Wer sich immer wieder neu einkleiden will, muss keinesfalls auf neue Outfits verzichten. Auf Internetportalen, wie tauschring.de oder kleiderkreisel.de finden sich Gelegenheiten, um Secondhand Mode zu kaufen oder Kleidung zu tauschen.

Bildquellen

  • Kleiderkauf: iStock.com/Prostock-Studio
  • wegwerfware-kleidung: iStock.com/Srdjanns74
  • Näherinnen in einer Kleiderfabrik: iStock.com/Liuser
  • Schwere Unfälle in Textilfabriken: iStock.com/Baloncici