Waldbaden – Shirin Yoku: Die in Japan anerkannte Therapieform findet immer mehr Anhänger

Waldbaden – Shirin Yoku: Die in Japan anerkannte Therapieform findet immer mehr Anhänger

„Shinrin Yoku“, so nennen die Japaner das „Baden im Wald“. Dabei geht es nicht im wörtlichen Sinne um ein Bad im Wald, sondern viel mehr darum, die Natur mit allen Sinnen wahrzunehmen. Wer in die Natur geht, spürt intuitiv: sie wirkt entschleunigend und tut gut. Inzwischen belegen immer mehr Studien die positiven Effekte auf das körperliche und psychische Wohlergehen. Doch was genau hat es damit auf sich? Wir gehen der Sache auf den Grund.

Inhalt

Ursprünge im japanischen Shirin Yoku

Shinrin-Yoku, den Begriff hat das japanische Forstministerium im Jahre 1982 geprägt. Shirin Yoku bedeutet frei übersetzt: mit allen Sinnen in die Atmosphäre des Waldes eintauchen. Dabei geht es um Achtsamkeit, bewusstes Wahrnehmen und Empfindungen mit allen Sinnen. Seit einigen Jahren untersuchen Wissenschaftler und Mediziner, welche Auswirkungen das Waldbaden auf uns hat. 2012 wurde an japanischen Universitäten sogar ein Forschungszweig “Waldmedizin” eingerichtet. Inzwischen ist Shinrin Yoku in Japan Teil eines gesunden Lebensstils und hat sich zu einem festen Bestandteil der Gesundheitsvorsorge etabliert. So ist es in Japan auch nichts Ungewöhnliches mehr, dass Ärzte/-innen einen mehrtägigen Aufenthalt im Wald verschreiben. Fünf Millionen Japaner nutzen jedes Jahr die angelegten Wege des nationalen Erholungswaldes von Akasawa.

Was bewirkt Waldbaden?

Zahlreiche Studien konnten den heilsamen Effekt auf Körper und Geist belegen. Eine der ersten Studien wurde 2010 im Fachblatt Environmental Health and Preventive Medicine veröffentlicht. Demnach wirkt sich bereits ein kurzes Waldbad positiv auf die Atmung, den Puls und den Blutdruck aus. Forscher der Universität Chiba in Japan hatten dazu 140 Teilnehmer in den Wald zum Spazieren geschickt, weitere 140 Probanden in eine Stadt. Zum Vergleich wurden am nächsten Tag die Gruppen getauscht. Bei der anschließenden Untersuchung stellten Forscher fest, dass die Waldspaziergänger einen weitaus niedrigeren Blutdruck, Puls sowie eine niedrigere Konzentration des Stresshormons Cortisol im Körper aufwiesen als die Teilnehmer, die in der Stadt spazieren waren.

Schon ein kurzer Spaziergang im Grünen kann das Stresshormonlevel deutlich sinken, wie eine Studie der US-amerikanischen Universität Michigan zeigt. Demnach reichen bereits 20 Minuten im Grünen aus, um die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol merklich zu reduzieren.

Eine der frühesten Studien zur gesundheitlichen Wirkung des Waldes kam bereits 1984 zum Ergebnis: Patienten, die nach einer Operation aus dem Krankenhausfenster ins Grüne blickten, konnten schneller genesen, als diejenigen Probanden, die auf eine Hausmauer sahen. Die Patienten mit Blick in Grüne benötigten zudem weniger Schmerzmittel.

Auch stellte der Umweltpsychologe Marc Berman von der Universität Chicago 2015 im Rahmen einer Studie fest: Je weniger Bäume sich in einer Wohngegend befinden, desto höher ist das Risiko für typische Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Schwäche, Bluthochdruck oder Diabetes.

Terpene – gesunde Botenstoffe im Wald

Bei einem Waldspaziergang atmen wir sogenannte Terpene ein, das sind die wichtigsten Bestandteile ätherischer Öle, die aus Rinde und Blättern von Pflanzen ausdünsten. Terpene stärken unser Immunsystem indem sie Immunzellen, wie die natürlichen Killerzellen stimulieren. Natürliche Killerzellen sind dafür verantwortlich, von Erregern befallene Zellen zu bekämpfen – auch Tumorzellen.

Um die Wirkung der Terpene auf den Menschen zu untersuchen, führte Qing Li zusammen mit einem Forscherteam der Nippon Medical School einen Versuch mit zwölf Testpersonen durch. Diese wurden in einem Hotel einquartiert und in zwei Gruppen eingeteilt. Bei der einen Gruppe wurde die Atemluft in der Nacht mit Terpenen angereichert, während die restlichen Teilnehmer bei normaler Luft schliefen. Am nächsten Tag wiesen die Blutproben der bei terpenhaltiger Luft schlafenden Probanden eine deutlich höhere Zahl aktiver Killerzellen auf.

Zudem konnte Qing Li in einer Studie aufzeigen, dass bereits nach zwei Stunden Waldaufenthalt die Zahl der Killerzellen im Blut um die Hälfte anstieg. Am folgenden Tag, nahm sie nach einer zweistündigen Wanderung um 70 Prozent zu. Auch erhöhte sich die Konzentration einiger krebshemmender Proteine. Selbst nach einer Woche hielt bei den Studienteilnehmern der Effekt noch an.

Positive Effekte auf die Psyche

Waldbaden wirkt sich auch positiv auf die Psyche aus. Diversen Studien zufolge, wirkt sich der allgemeine Stressabbau nach Waldaufenthalten positiv auf psychische Erkrankungen, wie Depression und Burnout aus und kann diesen vorbeugen.

Das Forscherteam um Professor Hiroko Ochiai fand heraus, dass Waldbaden auch den Grad der Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit, Müdigkeit sowie den der Spannung und Verwirrung deutlich senkt.

Ab in den Wald!

Waldbaden kann weder Medikamente noch eine Psychotherapie ersetzen, es wirkt vielmehr präventiv und ist somit eine Maßnahme allgemeiner Gesundheitsvorsorge. Schalte dein Smartphone ab und gönne dir eine Auszeit im Wald. Aktiviere deine Sinne und atme tief ein. Dein Körper und Geist werden es dir danken.

Bildquellen

  • Waldbaden – Shirin Yoku: Die in Japan anerkannte Therapieform findet immer mehr Anhänger: Foto von Alessandra Montigné von Pexels